Die Ahnung
Shownotes
Im Oktober 1984 fährt ein Mann für ein letztes Bier zu seiner Stammkneipe und kommt nie mehr lebend zurück nach Hause. Seiner Frau hinterlässt er einen Zettel mit einem kryptischen Code. In derselben Nacht findet man ihn in seinem verbeulten Wagen an der Autobahn, doch die tödlichen Verletzungen passen absolut nicht zu dem Unfallhergang…
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00:00:09: Die Ahnung.
00:00:24: Holger Meffert drehte ungeduldig an dem kleinen Rädchen seines Autoradius herum und fand ganz offenbar nicht, wonach er suchte.
00:00:33: Wo war nur dieser verdammte Schlagersender abgeblieben?
00:00:36: Es war sein absoluter Lieblingssender.
00:00:38: Aber in dieser nordwestlichen Ecke der Bundesrepublik wurde der Empfang immer schlechter und er würde bald auf einen anderen Kanal umsteigen müssen.
00:00:46: wenn er nicht in absoluter Stille bis zur holländischen Grenze fahren wollte.
00:00:52: Sein Lkw war randvoll mit Heinz-Ketchup-Flaschen, die er im Morgengrauen im Hafen von Rotterdam abliefern sollte.
00:01:00: Er lag gut in der Zeit.
00:01:01: Es war erst drei Uhr morgens, und er würde noch ungefähr drei bis vier Stunden bis zu seinem Zielort brauchen.
00:01:10: Meffert war so vertieft in die Suche nach der passenden Musik, dass er um ein Haar den hellblauen VW-Golf übersehen hätte.
00:01:18: der mit eingedrückter Motorhaube in einem Graben neben der Fahrbahn lag.
00:01:23: Im Vorbeifahren bemerkte er außerdem einen Mann in einer hellen Jacke, der Blut verschmiert um das Auto herum lief und desorientiert wirkte.
00:01:31: Offenbar ein verletzter Fahrgast.
00:01:36: Der Lkw-Fahrer ging sofort in die Eisen und kam wenige Meter weiter auf dem Seitenstreifen der A-Fünfundviertzig zum Stehen, wo er die Warnblinkanlage einschaltete.
00:01:46: Als er die Tür öffnete und die Treppen seines Führerhauses hinabstieg, Blendete ihn von hinten ein grelles Licht.
00:01:53: Direkt hinter seinem Lkw kam ein weiterer zwanzig Tonner zum Stehen, dessen Fahrer offenbar dasselbe beobachtet hatte wie er.
00:02:02: Der Mann verließ ebenfalls seine Kabine und kam auf ihn zu.
00:02:05: Die beiden Brummifahrer trafen sich im Scheinwerfer Licht auf dem Seitenstreifen, während vereinzelt weitere Lastwagen und PKWs an ihnen vorbeirauschten.
00:02:15: Um diese Zeit war nicht viel los.
00:02:21: Wie sich herausstellte, hieß der andere Lkw-Fahrer Georg Kunzler und hatte tatsächlich dasselbe wie Holger Meffert beobachtet.
00:02:28: Die Männer verloren keine Zeit und stiegen hinab in die Böschung, wo der verbeulte VW-Golf zum Stehen gekommen war.
00:02:36: Von der verwundeten Person, die sie einige Augenblicke zuvor beide noch unabhängig voneinander gesehen hatten, fehlte nun jedoch jede Spur.
00:02:45: Doch der Unfallwagen war nicht leer.
00:02:48: Auf dem Beifahrersitz saß ein junger Mann, circa Mitte dreißig.
00:02:52: Er war nackt.
00:02:53: und offenbar schwer verletzt.
00:02:55: Doch er war noch bei Bewusstsein.
00:02:58: Als die zwei Männer sich ihm näherten und fragten, ob er sie verstehen könne, stammelte er entkräftet.
00:03:05: Hier waren vier Männer.
00:03:07: Aber die sind alle abgehauen.
00:03:10: »Okay, Kumpel, ganz ruhig!« sprach Holger Meffert.
00:03:14: »Wie heißt du?
00:03:16: Günther.
00:03:18: Günther stol.
00:03:20: Okay, Günther, keine Sorge.
00:03:22: Wir werden dir helfen.
00:03:24: Waren diese vier Männer deine Freunde?«.
00:03:28: Der Verletzte startte ihn unglaublich an und schien die Frage völlig abwegig zu finden.
00:03:33: »Meine Freunde?
00:03:34: Nein, niemals!«.
00:03:39: Während Georg Kunzler dem Schwerverletzten seine eigene Jacke überlegte, um ihn wenigstens etwas vor der Kälte in dieser frostigen Oktober nachzuschützen, sprinte der Holger Method zur nächsten Notrufsäule, um einen Hilferuf abzusetzen.
00:03:54: Ein schwerer Unfall mit einem blauen VW-Golf, der Insasse ist schwer verletzt, sprach er in den Hörer.
00:04:00: und kämpfte mit der Stimme gegen einen vorbeidonnenden zwanzig Tonner an.
00:04:04: – Wo genau sind Sie?
00:04:07: fragte der Beamte der Autobahnpolizei am anderen Ende.
00:04:09: – Auf der A-Fünfundvierzig, kurz vor der Ausfahrt Hagen Süd in Richtung Dortmund, antwortete Meffert und sah sich hektisch um.
00:04:19: Wie der Zufall es wollte, stand er direkt neben einem kleinen blauen Kilometer-Schild.
00:04:23: – Warten Sie, ich kann es Ihnen genau sagen.
00:04:27: Sie sind hier bei Autobahnkilometer thirty-seven.
00:04:31: Okay, bleiben Sie bei dem Verletzten.
00:04:33: Hilfe ist unterwegs.
00:04:37: Holger Meffert hängt er auf.
00:04:39: Noch wusste er nicht, dass das Unfallopfer später tragischerweise seinen Verletzungen erliegen würde.
00:04:45: Und dass er gerade zu einer Nebenfigur in einem mysteriösen Kriminalfall geworden war, der die Bundesrepublik Deutschland für die kommenden vierzig Jahre in Atem halten sollte.
00:05:01: Am Vorabend dieses tragischen Unfalls, genauer am fünfundzwanzigsten Oktober, saß Günther Stoll, wie üblich mit seiner Frau, zusammen am Armbrotttisch.
00:05:12: Der dreißigjährige war gelernte Lebensmitteltechniker, aktuell allerdings ohne Anstellung, was ihm sehr zu schaffen machte.
00:05:20: Allgemein schien es ihm in den letzten Wochen und Monaten nicht gut zu gehen.
00:05:25: Seiner Frau gegenüber äußerte er allerdings nicht nur depressive Verstimmungen wegen seiner erfolglosen Suche nach Arbeit.
00:05:32: An jenem Abend kommunizierte er wiederholt Gedanken wie, ich habe Angst.
00:05:38: und fühle mich irgendwie verfolgt.
00:05:40: Ich glaube, mir will jemand was antun.
00:05:43: Auf die besorgte Nachfrage seiner Frau enthüllte er allerdings keine weiteren Details.
00:05:49: Was genau Günther Stoll um seine eigene Unversehrtheit fürchten ließ, behielt er leider für sich.
00:05:57: Später am Abend saßen die Eheläute noch bei Sammen und sahen im Schlafzimmer fern.
00:06:02: Stoll hatte es sich in einem Sessel bequem gemacht, während seine Frau die dreiundzwanzig Uhr Nachrichten vom Bett aus verfolgte.
00:06:10: Plötzlich sagte der dreißigjährige Unvermittelt, jetzt geht mir ein Licht auf.
00:06:16: Dann nahm er einen Zettel und einen Stift zur Hand und notierte ein paar kryptische Buchstaben, wie er allerdings sofort wieder durchstrich.
00:06:24: Zu seiner Frau sagte er schließlich, mein Schatz, ich gehe noch mal vor die Tür.
00:06:29: Hier zu Hause finde ich einfach keine Ruhe.
00:06:32: Ich werde noch mal auf ein Bier ins Papillon fahren.
00:06:34: Danach geht es mir bestimmt besser.
00:06:37: Bis später.
00:06:40: Dann gab er ihr einen Kuss, zog seine graue Wildleder Jacke über und nahm den Schlüssel zu seinem hellblauen VW-Golf vom Haken.
00:06:48: Seine Frau sah ihm Kopfschüttelnd nach, bevor sie den zurückgelassenen Zettel auf dem Beistelltisch entdeckte.
00:06:54: Trotz der Durchstreichung konnte sie die einzelnen Buchstaben immer noch gut entziffern.
00:07:00: Y, O, G, apostroph, T, Z, E. Jogze?
00:07:07: Himmel, was sollte das denn sein?
00:07:10: Aber da Günther Stoll die merkwürdige Notiz ohnehin durchgestrichen hatte, Verschwendete sie keinen weiteren Gedanken daran und beförderte den Zettel in den Müll.
00:07:20: Dabei würde das mysteriöse Papier viele Jahrzehnte später noch einen möglichen Hinweis zur Aufklärung des Fals bereithalten.
00:07:32: Um drei Uhr fünfzehn traf Stoll wie angekündigt in der Kneipe Papillon in Willensdorf ein, etwa sechs Kilometer entfernt von seinem Wohnort in Anshausen.
00:07:42: Doch anstelle eines Bieres blieb der arbeitslose Lebensmitteltechniker an diesem Abend lieber bei Limonade.
00:07:48: Und die Stammkundschaft in der Dorfkneipel sollte später zu Protokoll geben, das Günter Stoll an diesem Abend sehr nachdenklich und nervös wirbte.
00:07:56: Irgendwann war er sogar ohne ersichtlichen Grund von seinem Barhocker gerutscht und gestürzt.
00:08:02: Wie gesagt, ohne einen Tropfen Alkohol angerührt zu haben.
00:08:08: Doch anscheinend hatte der Kneipenbesuch ihm nicht genug Zerstreuung verschafft.
00:08:13: Deshalb fuhr er mit seinem Wagen weiter nach Heiger Seelbach, einem anderen kleinen Örtchen in der Region.
00:08:20: Hier war er aufgewachsen und hatte eine glückliche Kindheit verbracht.
00:08:24: Neben seinen Eltern hatte sich öfters auch eine ältere Nachbarin namens Erna Helfritz um ihm gekümmert, eine mittlerweile hoch betagte Frau.
00:08:33: Frau Helfritz würde den Ermittlern später mitteilen, das Kind das Stoll in jener Nacht um etwa ein Uhr morgens vor ihrer Tür stand und offenbar Gesprächsbedarf hatte.
00:08:43: Er wirkte sichtlich aufgewühlt und wiederholte mehrfach überzeugt, dass ihm in dieser Nacht noch etwas Schlimmes widerfahren würde.
00:08:52: Aufgrund der fortgeschrittenen Stunde hatte die Rentnerin ihn allerdings wieder weggeschickt.
00:08:57: Er möge entweder zu seiner Mutter fahren, die immer noch in Heiger-Seelbach wohnte, oder am besten wieder direkt nach Hause zu seiner Frau in Anzhausen.
00:09:06: Die alte Dame konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, das Stoll sich in Gefahr befand.
00:09:13: Letzteren Tipp schien der thirty- jährige dann auch beherzigen zu wollen.
00:09:17: Deshalb er sich höflich von einer Helfritz verabschiedete und wieder in seinen VW-Golf stieg.
00:09:22: Doch nach Anshausen sollte er nie wieder zurückkehren.
00:09:29: Was Günther Stoll in den folgenden zwei Stunden tat, konnte nicht mehr geklärt werden.
00:09:34: Fakt bleibt, dass die beiden Lkw-Fahre ihn schließlich um drei Uhr morgens an der Autobahnabfahrt Hagen Süd schwer verletzt auffanden, etwa einhundert Kilometer in nördlicher Richtung und seinem Wohnort Anshausen entfernt.
00:09:47: Was der Lebensmitteltechniker dort gewollt hatte, ließ sich nicht mehr rekonstruieren.
00:09:53: Der dreißigjährige erlag noch auf dem Weg zum Krankenhaus seinen Verletzungen.
00:09:58: Weitere Informationen über den Tat- oder Unfallhergang oder mögliche beteiligte Personen konnte er nicht mehr preisgeben.
00:10:07: Doch dafür lieferte sein schwer verletzter Körper einige wichtige Anhaltspunkte über das, was ihm widerfahren war.
00:10:15: So stellte man fest, dass Stolz VW Golf zwar von der Fahrbahn abgekommen und gegen einen Baum geprelt war.
00:10:22: Die Verletzungen des Insassen allerdings nicht mit dem Unfallhergang korrelierten.
00:10:27: Stattdessen kamen die Ermittler am Unfallort zu dem Schluss, das Günther Stoll, zuvor bereits unbekleidet mit einem anderen Pkw, überrollt worden war, woraufhin jemand ihn offenbar anschließend in sein eigenes Fahrzeug gesetzt hatte.
00:10:42: Das deckte sich auch mit seinen letzten Aussagen vor seinem Tod.
00:10:46: Er habe mit vier Männern im Wagen gesessen.
00:10:49: Zusätzlich zu den Angaben der beiden Lkw-Fahrer die Stoll als Ersthelfer am Unfallort aufgefunden und die unabhängig voneinander zuvor eine Person mit einer hellen Jacke am Wagen gesehen hatten, gaben noch weitere Zeugen in dieser Nacht etwas Interessantes zu Protokoll.
00:11:05: Mehrere Autofahrer erinnerten sich, dass sie um kurz nach drei Uhr einen Anhalter auf der gegenüberliegenden Auffahrt der A-Fünfundvierzig in Richtung Frankfurt bemerkt hatten.
00:11:16: Leider konnte die Polizei weder diese Person noch den Unbekannten, der sich zuvor am Unfallwagen aufgehalten hatte, ausfindig machen.
00:11:28: In Ermangelung weiterer Zeugen, die den Unfall oder eine mögliche Gewalttat in der Nacht vom XXV.
00:11:34: auf den XXV.
00:11:36: Oktober, nineteenhundert achtzig beobachtet haben konnten, wandten sich die Ermittler nun dem Zettel mit den mysteriösen Lettern zu, den Günther Stoll zu Hause hinterlassen hatte.
00:11:47: Die Buchstabenfolge Y-O-G-T-Z-E fand sich in keiner Sprache der Welt wieder.
00:11:54: Also ging man davon aus, dass es sich um eine Art Code handeln müsse.
00:11:59: Im Frühjahr, nineteenhundertfünfundachtzig, wurde der Fall dann bei Aktenzeichen XY ungelöst vorgestellt, wo man die Zuschauer ebenso dazu aufrief, sich bei sachdienlichen Informationen zu dem Zettel an die Polizei Hagen zu wenden.
00:12:14: Hierauf gingen zahlreiche Hinweise von Funkamateuren ein.
00:12:17: Der Code könne ein rumänisches Funkrufzeichen sein, sofern man das G, als die Ziffer sechs liest.
00:12:24: Diese Spur brachte die Ermittler allerdings keinen Schritt weiter.
00:12:31: Ebenfalls überprüfte man, ob Günther Stoll womöglich Kontakte ins niederländische Drogen- und Bandenmilieu unterhielt.
00:12:39: Seine Frau gab an, dass der thirty- vierjährige bei einem vorangegangenen Sommerurlaub in Amsterdam mit zwielichtigen Personen in Kontakt gekommen war.
00:12:49: Auch diesem Hinweis ging die Polizei nach, ohne verwertbare Ergebnisse zu bekommen.
00:12:57: Mehr als vierzig Jahre lang blieb Günther Stolz tragischer Tod an der A-von-von-vierzig ungeklärt.
00:13:03: Bis die Polizei Hagen, im April, zwei-tausend-fünfundzwanzig, plötzlich eine neue Pressemeldung herausgab, der zufolge man den Fall nun doch gelöst habe.
00:13:14: Waren nach all der Zeit etwa neue Zeugen aufgetaucht?
00:13:17: Oder hatte man den oder die Täter vielleicht auf anderem Wege ausfindig gemacht?
00:13:23: Nein.
00:13:23: und die Antwort ist leider deutlich ernüchternder.
00:13:27: Man hatte schlichtweg zwei neue Gutachten zu Stolzverletzungen und einem möglichen Unfallhergang angefertigt und war nun der Überzeugung, dass der Lebensmitteltechniker den fatalen Unfall selbst verursacht hatte und niemand sonst daran beteiligt war.
00:13:42: In der Pressemitteilung lässt sich nachlesen, dass Günther Stolz verunfallt sei, da er unter Depressionen gelitten habe und sich in jener Nacht im Ausnahmezustand befunden hatte.
00:13:53: Die schweren Verletzungen waren nun doch Konsequenz des Aufpralls mit seinem blauen Vorwegeäufe.
00:13:59: Eine Fremdeinwirkung schließe man aus.
00:14:02: Auch die Tatsache, dass er unbekleidet war und in den Tagen und Wochen zuvor Ängste vor Verfolgung geäußert hatte, erklärte man mit einem labilen Geisteszustand.
00:14:13: Die Akte Günther Stoll wurde nun offiziell geschlossen.
00:14:16: Der Cold Case gilt als geklärt.
00:14:21: Aber ist es wirklich so einfach?
00:14:24: Gibt es nicht viel zu viele Details?
00:14:26: die bei dieser Erklärung außer Acht gelassen werden, die eben doch den Verdacht nahe legen, das Stoll durch Fremdeinwirkung, möglicherweise durch ein grausames Verbrechen, gestorben war.
00:14:40: Das hierfür wichtigste Indiz bleibt die Aussage der Lkw-Fahrer.
00:14:44: Beide hatten, und zwar unabhängig voneinander, ausgesagt, dass sie bei ihrer Ankunft am Unfallort eindeutig eine hellgekleidete Person am Wagen gesehen hatten.
00:14:55: Die beiden konnten sogar noch minutiös beschreiben, dass die Jacke der Person im Bereich des Oberarmes verschmutzt gewesen war, möglicherweise durch eine Verletzung.
00:15:05: Wer sonst als eine Person, die mit Günther Stoll im Wagen gesessen hatte, hätte sich in der Nähe des Unfallortes aufgehalten, unmittelbar nach der Kollision.
00:15:16: Und wenn diese Person unbescholten war, warum war sie dann nicht dem bundesweiten Zeugenaufruf gefolgt und hatte sich gemeldet?
00:15:24: Konnte es sich vielleicht um den unbekannten Anhalte handeln?
00:15:27: der kurz nach dem Unfall an der entgegengesetzten Fahrbahn auftauchte, eine andere Ungereimtheit betrifft das Gutachten zu Ginterstolz-Verletzungen.
00:15:38: In der Aktenzeichen XY-Ungelöst-Sendung vom XII.
00:15:42: April, Ninzehundertfünfundachzig betonte der damalige Leitender Ermittler Hans Leppler, man habe die Spuren am Körper des Opfers eindeutig so ausgewertet, dass der thirty- vierjährige von einem anderen Fahrzeug zuvor überrollt worden sei.
00:15:57: Vierzehn Jahre später geht man nun plötzlich davon aus, dass die Verletzungen von dem Unfall mit dem VW-Golf herrührten.
00:16:05: Natürlich darf man annehmen, dass sich Ermittlungstechniken in vier Jahrzehnten weiterentwickelt haben und man heute womöglich bessere Werkzeuge zur Hand hat, um Verletzungen am menschlichen Körper zu deschivrieren.
00:16:18: Aber auch in den neunzehntetachtiger Jahren waren bei der Polizei keine Amateure am Werk, sondern ausgebildete Spezialisten.
00:16:27: Dazu stellt sich die Frage, wie der damalige Rechtsmediziner überhaupt auf die Idee gekommen wäre, dass Stolz zuvor überfahren worden war, wenn nicht anhand der Spuren.
00:16:38: Wer einen verwundeten Menschen in einem verunfallten Pkw auffindet, geht natürlich erst einmal davon aus, dass die Verletzungen von eben jenem Unfall rühren und nicht bereits früher zugefügt worden waren.
00:16:50: Die Wunden an Stolz Körper, darunter übrigens ein vollkommen zertrümmerter Arm, müssen also von vornherein nicht zu dem Unfallprofil des VW Golfs gepasst haben.
00:17:01: Ganz zu schweigen von dem nassen Laub, das an stolz unbekleidetem Körper klebte.
00:17:08: Und nicht zuletzt bleibt zu kritisieren, dass viele Ungereimtheiten in dem Fall, abschließend mit Günther Stolz geistes Zustand erklärt wurden.
00:17:17: Selbst wenn der arbeitslose Lebensmitteltechniker an Depressionen litt, was angesichts seiner persönlichen Situation durchaus nachvollziehbar klingt, muss das nicht gleich bedeutend damit sein, dass er an jenem Abend vollkommen den Verstand verloren hatte.
00:17:31: Menschen mit Depressionen haben gänzlich andere Symptome, als jemand mit Wahnvorstellungen und Paraneuer, auch wenn es natürlich immer Mischformen geben kann.
00:17:42: Aber mit dem stolz attestierten Verfolgungswahn lässt sich praktischerweise natürlich viel erklären.
00:17:48: Die geäußerten Sorgen gegenüber seiner Frau, jemand könne ihm etwas antun, der urplötzliche Sturz in der Kneipe und das anschließende umherfahren.
00:17:58: offenbar auf der Suche nach Rat und Hilfe.
00:18:01: Und nicht zuletzt, dass man den thirty- vierjährigen Vollkommen unbegleitet aufgefunden hatte, wurde mit seinem Geisteszustand erklärt.
00:18:09: Vielleicht, so die Annahme der Gutachte, hatte er sich ja deswegen seiner Kleidung entledigt, weil er in seinem Wahn glaubte, er sei verwanzt und würde abgehört.
00:18:20: Ebenfalls wenig glaubwürdig, wenn man sich bewusst macht, dass ihm jener kalten Oktobernacht in dieser Region gerade mal acht Grad über Null herrschten.
00:18:33: Und was ist mit dem Zettel, mit der merkwürdigen Buchstabenkombination YOG TZE?
00:18:40: Natürlich kann man berechtigte Zweifel daran anmelden, dass die Notiz überhaupt irgendetwas mit Günter Stolz tragischem Tod zu tun hatte.
00:18:48: Zumal seine Frau den Zettel bereits in derselben Nacht weggeworfen und er entsprechend nicht sichergestellt werden konnte.
00:18:55: Daraus ergibt sich auch die Frage, ob die Ehefrau den Zettel überhaupt korrekt gelesen oder sich richtig an die Buchstabenkombination erinnert hatte.
00:19:04: Wo möglich stand etwas Gänzlich anderes darauf, und die Notiz spielt so oder so in den Geschehnissen jener Nacht keine Rolle.
00:19:13: Was aber, wenn Günther Stoll die Buchstaben doch aufgeschrieben hatte, weil sie mit etwas in Zusammenhang standen, das ihn an jenem Abend offenbar schwer beschäftigte?
00:19:24: Was, wenn sie vielleicht eine mögliche Erklärung bereithalten?
00:19:28: Warum der Verstorbene in jener Nacht seine Heimat, das Siegerland, verließ und ganz einhundert Kilometer nach Norden vor?
00:19:36: Denn was genau wollte er überhaupt dort oben?
00:19:42: Diese Frage hat sich vor einiger Zeit auch ein User of Reddit gestellt und seine Überlegungen öffentlich gepostet.
00:19:49: Er stellte die Hypothese auf, dass die Ehefrau den Zettel vielleicht verkehrt herum gelesen hatte.
00:19:55: Und dass Günther Stoll in Wirklichkeit womöglich eine Ziffer notiert hatte.
00:20:00: Genauer eine Kilometerangabe.
00:20:06: Der Autobahnkilometer Simon-Dreißig befindet sich auf der A-Fünfundvierzig, kurz vor der Ausfahrt Hagen Süd.
00:20:14: Der Ort, wo man Günther Stoll in jener verhängnisvollen Nacht aufgefunden hatte.
00:20:22: Hieraus ergibt sich die Möglichkeit, dass das spätere Opfer ganz bewusst diesen Ort aufgesucht hatte.
00:20:29: Vielleicht im Rahmen eines Drogendeals.
00:20:32: Und somit hatte er vielleicht den falschen Menschen vertraut und war in einer Art Falle getappt.
00:20:39: Oder vielleicht schuldete er jemandem Geld, der es nun auf ihn abgesehen hatte.
00:20:44: Es würde zumindest mit seiner eigenen Aussage und der Beobachtung der Lkw-Fahrer zusammenpassen, dass er sich initial nicht alleine in dem Fahrzeug aufgehalten hatte.
00:20:55: Vermutlich werden wir keine Antworten mehr auf diese Fragen finden.
00:20:59: Die Polizei hat die Akte geschlossen und Günther Stoll hat seine wirkliche Todesursache, mit ins Grab genommen.
00:21:07: Doch in den True Crime Foren und Podcasts lebt seine Geschichte weiter als einer der mysteriösesten Cold Cases der Bundesrepublik Deutschland.
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