Das Mädchen ohne Schuh
Shownotes
Mitte der 1980er Jahre wird eine junge Frau an einer US-amerikanischen Uni ermordet aufgefunden. Über das mögliche Motiv zerbricht sich die Polizei vergeblich den Kopf, und zugleich kann den wenigen Verdächtigen kaum etwas angelastet werden. Jahre später kommt wieder Bewegung in den Fall, als plötzlich ein scheinbar harmloses Detail immens an Bedeutung gewinnt…
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Transkript anzeigen
00:00:09: Das Mädchen ohne Schuh.
00:00:27: Wie üblich, wurde Kurt von dem emsigen Gewusel und der sich zusehends verbreitenden Unruhe vor seiner Zimmertür wach.
00:00:36: Eigentlich gefiel ihm das Leben im Studentenwohnheim.
00:00:39: Die Miete war billig und er war allgemein ein geselliger Typ, der sich gerne mit Gleichaltrigen umgab.
00:00:46: Zugleich war er schon immer nur ein leichter Schläfer gewesen.
00:00:49: und erschreckte schnell wegen Geräuschen hoch.
00:00:53: Sein schnarchender Mitbewohner Tom und er waren deswegen schon einige Male aneinander geraten.
00:01:04: Der Lärm vor seiner Tür signalisierte ihm hingegen den Anbruch eines neuen Tages auf dem Campus der Drexel University in Philadelphia.
00:01:13: Die Studierenden strömten aus ihren Zimmern hin zu ihren Vorlesungen und Seminaren.
00:01:19: Doch heute war der Lärm anders und es dauerte einen kleinen Moment.
00:01:23: Bis Kurt der mit dem Kopf unter der Decke noch Schlaftrunken seine Gedanken sortierte, Begriff, was in dem Gewür aus Türen klappen und verschiedenen Stimmen fehlte.
00:01:35: Niemand lachte.
00:01:38: Seine Kommilitonen sprachen schnell und aufgeregt, und auch wenn er nicht verstand, worum es ging, schien sie alle wegen irgendetwas alarmiert zu sein.
00:01:47: Vereinzelt hörte er ein paar Mädchen weinen oder verängstigt aufschreien.
00:01:56: Spätestens jetzt war es mit seiner Nachtruhe definitiv vorbei.
00:02:00: Seine erste Vorlesung würde erst in zwei Stunden beginnen.
00:02:04: Doch eine unangenehme Mischung aus Sorge und Neugierde zog ihn geradezu aus dem Bett.
00:02:10: Er schlüpfte schnell in seine Jeans, die er stunden zuvor noch achtlos auf dem Boden hatte liegen lassen, und griff sich seinen kratzigen Wollpullover, der über seinem Bürostuhl hing.
00:02:21: Dann öffnete er die Tür.
00:02:25: Auf dem Flur standen zahlreiche Kommilitonen in kleinen Grüppchen und starten einander in von Schock gezeichnete Gesichter.
00:02:33: Viele Mädchen standen die Tränen in den Augen, während seine männlichen Mitstudierenden um Fassung rang, was zweifelsohne nicht allen gelang.
00:02:43: »Was ist passiert?« fragte Kurt, seine Mitstudentin Sarah, die sich gerade aus einer Gruppe herauslöste und an seiner Zimmertür vorbeiging.
00:02:53: »Du hast es noch nicht gehört?« gab sie ihren Geister zurück, bevor sie sich mit einem zerknüllten Taschentuch und zitternden Händen die Tränen trocknete.
00:03:03: Unter ihren verweinten Augen hatte sich ein dunkles Rindsaal aus Wimperntusche und Kajahlstift gebildet.
00:03:10: Jemand wurde ermordet.
00:03:13: Sie haben in Randall Hall eine Frauenleiche gefunden.
00:03:18: Kurt spürte urplötzlich, wie seine Kehle Staub trocken wurde.
00:03:24: »Wer ist es?« hörte er sich selbst mit heiserer Stimme krechten, während er gleichzeitig das Gefühl bekam, als würde der Boden unter seinen Füßen implodieren.
00:03:34: »Das wissen wir nicht.
00:03:36: Die Polizei hat sie noch nicht identifiziert.« Schluchzte Sarah verzweifelt und schob dann aufgebracht hinterher.
00:03:44: Aber es kann schließlich nur eine von uns gewesen sein.
00:03:50: Und mehr brauchte Kurt nicht zu hören.
00:03:53: Sarah hatte recht.
00:03:54: Es konnte nur eine ihrer Kommilitonen sein.
00:03:57: Und auch wenn die Polizei ihre Identität noch nicht ermittelt hatte, so konnte es eigentlich nur eine bestimmte Person sein, was ihn wiederum für den Moment zu einem wichtigen, aussagefähigen Zeugen machte.
00:04:11: Noch bevor er den Gedanken zu Ende gedacht hatte, trugen seine Füße ihn bereits davon.
00:04:17: Mit offenen Schnürsenkeln rannte er den langen Wohnheimflur entlang, dann quer über den zugefrorenen Woodland Walk, vorbei am Hauptgebäude der Drexel University bis zur Randall Hall, einem Ort, der ihm nur allzu schmerzlich vertraut war.
00:04:34: Hier hatten sie gemeinsam Mathematik studiert.
00:04:37: Hier hatte er die Schüchterne zwanzigjährige vor etwa einem Jahr kennengelernt und sich halt über Kopf verliebt.
00:04:44: Nein, das durfte einfach nicht sein.
00:04:47: Er spürte beim Rennen die Tränen in sich aufsteigen.
00:04:51: Und so sehr ihm der Gedanke auch zu wieder war, musste er sich schon jetzt eingestehen, dass er mit seiner schrecklichen Vorahnung vermutlich recht behalten würde.
00:05:03: Atemlos näherte Kurt sich dem Vorplatz des Randall Hall Gebäudes, dem kleinen Computer- und Datenzentrum der Hochschule.
00:05:11: Eine geradezu fortschrittliche Institution im Jahr nineteenhundertvierundachtzig, denn die Drexel University gehörte zu den landesweiten Pionieren bei der akademischen Einführung von Computertechnik.
00:05:23: Den frostigen Novemberwind, der sich seinen Weg durch die Gruppsträckmaschen seines Polovasparn hatte, spürte der junge Student nicht einmal.
00:05:32: Stattdessen waren seine Augen ausschließlich auf die Absperrbanne der Polizei gerichtet.
00:05:38: Dann sah er die Leiche.
00:05:40: oder zumindest arnte er es.
00:05:42: Links neben der Treppe hatte man einen leblosen Körper mit einer weißen Plastikfolie abgedeckt.
00:05:48: Eine eisige Windböhe fuhr unter das raschelnde Material und legte für einen Augenblick einen dunkelblonden Haarschopf frei.
00:05:57: Das musste sie sein.
00:06:00: Kurt war gerade unter dem Absperrband hindurchgespift und steuerte auf die Leiche zu, als er einem grimmigen Polizisten in die Arme lief.
00:06:09: Sofort stehen bleiben junger Mann.
00:06:11: Das hier ist ein Tatort.
00:06:14: Kurt stitzte die Hände auf die Knie und rang nach Luft.
00:06:18: Aber ich will zu ihr.
00:06:19: Ich weiß, wer da liegt.
00:06:21: Ich kann sie identifizieren.
00:06:25: Der Beamte legte den Kopf schief und musterte den Studenten unglaublich.
00:06:30: Ach so?
00:06:31: Und was glaubst du, wer da liegt?
00:06:34: Das ist Debbie.
00:06:36: Deborah.
00:06:37: Deborah Wilson.
00:06:39: Wir sind zusammen.
00:06:40: Oder wir waren es.
00:06:43: Hiderspürte Kurt, die Tränen aufsteigen.
00:06:45: Doch erschluckte sie tapfer hinunter.
00:06:48: Heulen würde ihm jetzt wohl kaum helfen.
00:06:50: – Was du nicht sagst, gab der Polizist nun gerade zu herablassen zurück.
00:06:56: – Was macht dich denn so sicher, dass das da deine Freundin ist?
00:07:00: – Sie muss es sein, sprach Kurt nun voller Überzeugung.
00:07:06: Und ich bin der Letzte, der sie gestern Nacht hier noch lebend gesehen hat.
00:07:14: Wie wenig später auch die Ermittler einsehen mussten, behielt der einundzwanzigjährige Student recht.
00:07:20: Unter der Plastikplane lag der Brower Wilson, zwanzig Jahre jung, Mathematikstudentin an der Drexel University.
00:07:28: Die Todesursache konnte sich selbst ein Laie beim bloßen Anblick der Leiche erschließen.
00:07:34: Tod durch ersticken.
00:07:36: Sie war offenbar mit einem dünnen Seil oder Kabel erwirkt worden, was sich aus den dunkelblauen Linien rund um ihren Hals folgern ließ.
00:07:44: Umso rätselhafter blieb allerdings das Motiv für den Mord.
00:07:47: Ein Sexualverbrechen, Wie man es bei einem solchen Tötungsdelikt schnell annehmen würde, konnte schon früh ausgeschlossen werden.
00:07:55: Debbie war bei ihrem Tod vollständig begleitet gewesen, und es fanden sich keinerlei Spuren einer Vergewaltigung an ihrem Körper.
00:08:03: Einzig merkwürdig war, dass der oder die Täter dem Opfer die Schuhe und Socken ausgezogen hatten.
00:08:10: Doch auch hierfür fanden die Ermittler schnell eine scheinbar logische Erklärung.
00:08:14: Man war sich bald einig, dass Deborah nicht an Ort und Stelle getötet worden war.
00:08:19: Jemand musste sie nach der Tat hierhergeschleift haben und dabei hatten sich vermutlich ihre Schuhe von ihren Füßen gelöst.
00:08:28: Mit Kurtz plötzlichem Auftauchen am Fundort und seiner romantischen Beziehung zum Opfer hatte er sich derweil in den Augen der Polizei unbeabsichtigt zum Hauptverdächtigen gemacht.
00:08:40: Und was er bei seiner anschließenden Vernehmung zu Protokoll gab, ließ die Ermittler umso mehr skeptisch aufhorchen.
00:08:50: Der einundzwanzigjährige gab an, dass er Derby zuletzt am späten Vorabend gesehen hatte.
00:08:56: Genauer war es bereits mitten in der Nacht gewesen, als er sich von ihr verabschiedet hatte.
00:09:02: Derby hatte bereits seit Stunden in dem Computerraum von Randall Hall gehockt und an einem Projekt getüftelt, das sie unbedingt am folgetag abgeben musste.
00:09:11: Deborah war bekannt dafür gewesen, sehr fleißig und strebsam zu sein.
00:09:16: Eine Eigenschaft, die auch Kurt sehr an ihr bewundert hatte.
00:09:20: Also hatte er ihr in dem Informatikraum etwas Gesellschaft geleistet.
00:09:24: Bis ihn gegen ein Uhr dreißig schließlich derartig die Müdigkeit überkam, dass er es vorzog, allein ins Studentenwohnheim zu gehen und sich ins Bett zu legen.
00:09:34: Kurt hätte Debbie gerne noch wie üblich zu ihrem Wohnheim esquartiert.
00:09:38: Doch die zwanzigjährige war mit ihrem Projekt noch längst nicht fertig und hatte ihm grünes Licht gegeben, dass sie schon allein zurecht käme.
00:09:46: Und überhaupt!
00:09:47: Was hatte sie nachts in einem leeren Unigebäude, dass obendrein von Sicherheitskräften patrouilliert wurde, schon zu befürchten.
00:09:55: So harmlos hatte das Paar die Situation verteilerweise eingeschätzt.
00:10:01: Doch apropos Security.
00:10:03: So ganz wollte Kurt beim Verlassen von Randall Hall das Schicksal dann doch nicht herausfordern.
00:10:09: Weshalb er auf dem Gelände noch einen Sicherheitsmitarbeiter namens Bryce Kledman ansprach.
00:10:14: Er informierte Kledman darüber, dass der Bryce sich nun alleine im Computerraum aufhalte.
00:10:20: und er bitte ein Auge auf die Studentin haben möge.
00:10:25: So weit zu Kurz-Rekapitulation der Ereignisse.
00:10:29: Eine Aussage, die die Polizei ihm allerdings keinesfalls abkaufen wollte.
00:10:34: Für sie blieb er der letzte Mensch, der die Studentin lebend gesehen und obendrein eine Beziehung mit ihr geführt hatte.
00:10:41: Und war damit dringend tatverdächtig.
00:10:44: Das Opfer war, wie man ebenfalls rekonstruierte, nicht bestohlen worden, was eine Beziehungstat umso wahrscheinlicher machte.
00:10:52: Dass Kurt an den Finger knöcheln seiner rechten Hand blutige Kratzer und blaue Flecken hatte, machte ihn leider nicht glaubwürdiger.
00:11:00: Auch wenn er zu Protokoll gab, dass er sich diese zugezogen hatte, als er aus Wut und Trauer über Davies Tod mit der Faust in eine Wand geboxt hatte.
00:11:13: Doch der einundzwanzigjährige blieb felsenfest bei seiner Version, der jungen Studentin nichts angetan zu haben.
00:11:20: Also suchte man in Randall Hall nach weiteren Spuren.
00:11:23: um den genauen Tathergang zu rekonstruieren und so dem Täter besser auf die Spur zu kommen.
00:11:29: Im Computerraum setzten sich dann weitere Puzzleteile zusammen.
00:11:33: Der Platz, an dem der Biege arbeitet hatte, war nicht beräumt worden.
00:11:38: Ihr Hefter lag noch immer aufgeschlagen auf einem der Pulte und der dazugehörige Rechner war immer noch eingeschaltet.
00:11:45: Der blinkende Cursor auf dem Monitor suggerierte, dass sie mitten während der Arbeit an ihrem Projekt den Raum verlassen haben musste.
00:11:53: Ihr letzter Eintrag war um ein Uhr achtunddreißig in der vorangegangenen Nacht beschrieben worden.
00:11:59: Außerdem entdeckte man schließlich die Mordwaffe.
00:12:02: Auf dem Boden lag ein verkumpeltes Verlängerungskabel, das offenbar zweckentfremdet worden war.
00:12:08: Es passte eindeutig zu den Erdrosslungsspuren an Deborah Wilson's Hals.
00:12:16: Abgesehen von einem blassen Blutfleck an der Rückenlehne von Davies Stuhl, der später noch eine wichtige Rolle spielen würde, konnten die Ermittler jedoch nichts Ungewöhnliches an dem Raum oder ihrem Arbeitsplatz entdecken.
00:12:29: Im Gegenteil, obwohl das hier ein Schauplatz eines brutalen Mordes gewesen sein musste, wirkte alles seltsam, clean und aufgeräumt.
00:12:38: Die Ursache dafür war jedoch bald gefunden.
00:12:41: In den sehr frühen Morgenstunden, lange bevor Mandabra Wilson's Leiche überhaupt entdeckt hatte, hatte eine Reinigungskraft ihre übliche Schicht angetreten und den Computerraum geputzt.
00:12:54: Dabei hatte sie fatalerweise wichtige Spuren unwiederbringlich vernichtet.
00:12:59: Bei ihrer Vernehmung zeigte die Fachkraft sich zutiefst unglücklich über ihr Versehen und entschuldigte sich viele Male.
00:13:06: Gleichzeitig gab sie an, dass sie den Raum an jenem Morgen nicht grundlegend anders als sonst vorgefunden hatte.
00:13:12: Weshalb ihr auch nicht der Gedanke gekommen war, sie würde einen potenziellen Tatort betreten.
00:13:17: Es habe ein paar umgeworfenen Stühle und querstehende Tische gegeben.
00:13:21: Aber das sei überhaupt nicht ungewöhnlich gewesen.
00:13:24: Sie habe den Raum in der Vergangenheit schon häufig so vorgefunden.
00:13:32: Es half nichts.
00:13:33: Die weiteren Spuren in dem Informatikraum waren verloren.
00:13:36: Und so blieb der Polizei nur noch eines.
00:13:39: Die Zeugenaussagen von jenen Personen einholen, die sich in der verhängnisvollen Nacht des dreißigsten November, in der Nähe von Debbie auf dem Campus aufgehalten hatten.
00:13:51: Ihr fester Freund Kurt hatte angegeben, Beim Verlassen des Campus, den Nachtwächter Bryce Platman angesprochen zu haben, damit dieser für Debbie Sicherheit sorgte.
00:14:02: Platman war schon seit vielen Jahren bei der Hochschule angestellt und hatte eine markeloße Reputation.
00:14:08: Keine Vorstrafen, und er war in seinem Job noch nie neben die Etikette getreten.
00:14:13: Umso mehr untermauerte er, dass Ali wie das einundzwanzigjährigen Studenten, der angegeben hatte, gegen einund dreißig den Campus verlassen und mit ihm gesprochen zu haben.
00:14:23: Der Sicherheitsmann bestätigte die kurze Unterhaltung mit Kurt und gab dann zu Protokollen, er habe dessen Wunsch per Funkgerät an seine Kollegen Bronson Siggler und David Dixon weitergegeben, die gerade in der Nähe von Wendell Hall ihre Patrouille machten.
00:14:39: Er selbst, so schweuer er Stein und Bein, hatte ihn jener Nacht keinen Fuß in das Uni-Gebäude gesetzt und war entsprechend auch nicht im Computerraum gewesen.
00:14:48: Kledmann war bereit, seine Aussage per Lügendetektortest prüfen zu lassen.
00:14:52: und wirkte für die Polizisten insgesamt glaubhaft.
00:15:00: Also wandten sie sich nun den beiden anderen Sicherheitskräften zu.
00:15:04: Johnson Siggler entpuppte sich dabei eher als zwielichtige Gestalt, den die Ermittler fanden heraus, dass er einige Jahre zuvor schon wegen Einbrüchen im Gefängnis gesessen und diese Information gegenüber der Univerwaltung unterschlagen hatte, um an den Job zu kommen.
00:15:21: Er erzählte bei der Vernehmung, er habe die Anordnung per Walkie Talkie von Klettmann erhalten.
00:15:26: habe diese jedoch sofort an David Dixon weitergegeben, da er schlichtweg keiner Lust gehabt hatte, im Computerraum nach der jungen Frau zu sehen.
00:15:35: Allgemein wirkte er wenig kooperativ und behauptete während der Vernehmung sogar einmal sarkastisch, er selbst habe Deborah Whitson getötet, was er allerdings sofort wieder zurücknahm.
00:15:47: Dennoch beurteilten die Ermittler sigler als nur bedingt tatverdächtig, da er während seines Kontrollrunkangs in jener Nacht eine Stempelkarte mit sich führte, die er an fest installierten Stationen auf dem Gelände abstempeln musste, um seine Routen nachweisbar zu machen.
00:16:03: Segler hatte in jener Nacht überall korrekt abgestempelt, was nicht zwingend bedeuten musste, dass er Deborah Wilson nicht getötet haben konnte.
00:16:12: Es bedeutete nur, dass ihm dafür theoretisch sehr wenig Zeit geblieben war.
00:16:20: Also knöpfte die Polizei sich nun David Dixon vor.
00:16:24: Der dritte Sicherheitsmann sah zumindest auf dem Papier, deutlich sauberer aus, als sein Kollege Bronson Sigler.
00:16:32: David Dixon war ein Army-Veteran mit einer schneeweisen Akte, der zum Zeitpunkt des Mordes weiterhin als Reservist beim Militär geführt wurde.
00:16:41: Bei seiner Vernehmung pochte er darauf, dass er den Hinweis von Sigler, ermögen nach der Studentin im Computerraum sehen, nie erhalten habe.
00:16:50: Er räumte jedoch ein, sich auf dem Gelände von Randall Hall während seiner Schicht auch innerhalb des Gebäudes aufgehalten zu haben.
00:16:58: Bei einem seiner Kontrollgänge hatte er bemerkt, dass gegen zwei Uhr fünfzehn, also etwa forty-fünf Minuten, nachdem Kurt sich von Deborah verabschiedet hatte, noch jemand im Computerraum arbeitete und offenbar etwas ausdruckte.
00:17:12: Allerdings hatte er nicht mal seinen Kopf zum Nachsehen durch die Tür gesteckt, sondern die betreffende Person einfach in Ruhe gelassen.
00:17:22: Als er später gegen vier Uhr früh noch einmal an dem IT-Raum vorbeigegangen war, hatte er ihn dunkel und abgeschlossen vorgefunden.
00:17:30: und war davon ausgegangen, dass Sigler das erledigt haben musste, nachdem die letzte Studierende gegangen war.
00:17:37: Außerdem gab Dixon an, dass er zur Tatzeit und weit darüber hinaus in jener Nacht mehrere Stunden mit seiner Freundin telefoniert hatte.
00:17:47: Alle drei Sicherheitsmänner behaupteten übrigens unabhängig voneinander, dass sie Deborah's Leiche während ihrer Schicht nicht entdeckt hatten, der ihre vorgegebenen Routen nicht am Fundort des Mordopfers entlangführten.
00:18:00: Da die Vernehmung des Army-Veteranen Dixon ebenfalls keine Früchte getragen hatte, wandte man sich nun wieder bronzen Siggler zu.
00:18:08: Schließlich hatte dieser zumindest eine kriminelle Vorvergangenheit und sich während der bisherigen Vernehmungen irgendwie seltsam verhalten.
00:18:16: Allerdings hatte die Polizei ihm gegenüber nicht nur ein fehlendes Motiv, denn Debbie war weder vergewaltigt noch ausgeraubt worden, sondern auch kein physikalischen Beweis.
00:18:31: Da die Ermittler weder Sigler noch den anderen vernommenen Männern irgendeinen Beleg für die Tat anlasten konnten, blieb ihnen also nichts weiter übrig, als den Kreis der Verdächtigen zu erweitern.
00:18:43: In den Fokus der Ermittlungen rückte somit ein Doktorand, der in jüngster Vergangenheit Frauen auf dem Campus nachgestellt hatte und der dafür bekannt war, lange Nächte in seinem Büro zu verbringen.
00:18:55: Das zufällig ganz in der Nähe des Leichen von dort es lag.
00:18:59: Außerdem beschäftigte sich die Polizei mit einem ehemaligen Freund von Debbie.
00:19:04: Der angefangen hatte, die Studentin zu stalken, nachdem sie dessen romantische Gefühle zurückgewiesen hatte.
00:19:10: Beide Spuren erkalteten jedoch schnell.
00:19:16: Einen kleinen Trumpf im Ärmel hatte die Polizei dann allerdings doch noch.
00:19:20: Da es in den letzten Jahren noch keine DNA-Analysen wie heutzutage gab, konnte man das Blut an dem Stuhl im Computerraum lediglich hinsichtlich der Blutgruppe testen.
00:19:31: Dabei kam zumindest heraus, dass es sich um Blutgruppe Aachen bildte und damit zum Täter gehören musste, denn das Opfer der W. Wilson hatte Blutgruppe Null gehabt.
00:19:42: Zuversichtlich bestellte man die aus Polizeisicht am meisten verdächtigen zur Blutabnahme ein.
00:19:47: Der Baras Freund Kurt Rayner, den vorbestraften Sicherheitsmann Bronson Siggler, den unangenehmen Doktoranden und den ehemaligen Bekannten, der die junge Frau gestorgt hatte.
00:19:59: Dann die große Ernüchterung.
00:20:01: Keiner der Verdächtigen lieferte die passende Blutgruppe zu der gefundenen Probe.
00:20:06: Die Polizei stand wieder ganz am Anfang.
00:20:09: Sie hatte nun rein gar nichts mehr in der Hand.
00:20:15: An der Drexel University wuchs derweil die Angst und die Enttäuschung unter den Studierenden.
00:20:21: Täglich begleitete sie das beklemmende Gefühl, dass der Mörder höchstwahrscheinlich mitten unter ihnen war.
00:20:27: Doch so sehr sich die Kriminalisten auch um Aufklärung bemühten.
00:20:31: Nach einigen Monaten erkalteten alle weiteren Ermittlungen, und der Fall wanderte schließlich bei der Polizei von Philadelphia in den Cold Case-Akten-Schrank.
00:20:41: Dort sollte er ganze acht Jahre hängen, bis schließlich von gänzlich unerwarteter Seite wieder etwas Bewegungen in die Sache kam.
00:20:52: Im Frühjahr twohundertzehneunzig gründete man eine Cold Case-Einheit in Philadelphia, die von einem Detective namens Bob Snider geleitet wurde.
00:21:02: Snyder ging mit Davies Fall zur sogenannten Vidox-Society, eine private Vereinigung aus ehemaligen Mordermittlern, FBI-Agenten, Psychoanalisten oder Staatsanwälten, die sich zur Aufgabe gemacht hatten, alte Mordfälle zu übernehmen und neu zu beleuchten, wenn die Polizei nicht mehr weiterkam.
00:21:23: Snyder legte den Fall also dort bei einer monatlichen Sitzung vor, woraufhin sich nach einigen Stunden intensiven Grübeln Schließlich ein Mann namens Richard Walter zu Wort meldete.
00:21:34: Walter zählte zu den Gründungsmitgliedern der Widock-Gesellschaft und richtete den Fokus nun auf ein besonderes Falldetail, das man bisher immer außer Acht gelassen hatte.
00:21:44: Dem Mordopfer hatten bei seiner Auffindung sowohl Schuhe als auch Socken gefehlt.
00:21:50: Walter führte aus, dass die fehlende Fußbekleidung keine zufällige Begleiterscheinung des Mordes gewesen war.
00:21:57: Es war das wesentliche Kernelement, weshalb die Gewaltheit überhaupt begangen worden war.
00:22:03: Ihm zufolge war es dem Täter höchstwahrscheinlich darum gegangen, in einem für ihn kontrollierbaren Setting seinen Fuß oder Schuhfetisch zu befriedigen.
00:22:12: Weshalb er die Studentin getötet und ihre Schuhe und Socken anschließend mitgenommen hatte.
00:22:20: Mit dieser neuen Theorie im Gepäck kehrte Ermittler Bob Snyder nun zurück an die Drexel University und stolperte bei den erneuten Vernehmungen, sogleich über eine weitere Ungereimtheit, wie man damals übersehen hatte.
00:22:34: Der Verwaltungsmanager für den Computerraum gab an, dass die Drucker im Raum sich stets um zweiundzwanzig Uhr automatisch abschalteten.
00:22:42: Auch damals schon, in jener verhängnisvollen Nacht für Deborah Wilson.
00:22:47: Der Sicherheitsmann David Dixon hatte allerdings behauptet, er hätte um zwei Uhr fünfzehn noch Drucker im IT-Raum gehört.
00:22:54: Wie konnte das also sein?
00:22:56: Man hatte Dixon aufgrund seiner merkelosen Vergangenheit bei der Armee, damals schnell als Verdächtigen aussortiert.
00:23:04: Nun nahm Bob Snider ihn umso gründlicher unter die Lupe und machte eine spektakuläre Entdeckung.
00:23:12: In seinem ersten Jahr beim Militär war Dixon doch wegen eines merkwürdigen Zwischenfalls aufgefallen.
00:23:18: Er hatte einem Kameraden, dessen private Laufschuhe aus dem Spind geklaut.
00:23:23: Ein weißes Paar Reebok.
00:23:25: genau wie Deborah Wilson sie getragen hatte.
00:23:28: Doch das war noch nicht alles.
00:23:30: Beim Befragen von Dixons Nachbarschaft stellte sich heraus, dass mehrere Frauen Einbrüche in ihre Wohnungen gemeldet hatten, bei denen allerdings nur ein paar weiße Sneaker und ihre getragenen Socken abhandengekommen waren.
00:23:44: Das Fast zum Überlaufen brachte schließlich eine Durchsuchung von David Dixons Apartment.
00:23:49: In einem Kleiderschrank fand die Polizei mindestens zwanzig verschiedene Paare von weißen Frauensnikern, allesamt feinsäuberlich in Plastikfolie eingewickelt.
00:24:00: Außerdem stellte man zahlreiche Amateurvideoaufnahmen sicher, auf denen unzählige Frauenfüße in weißen Tornschuhen zu sehen waren.
00:24:11: Auch das Alibi des Armeeveteran bekam bei einer erneuten Überprüfung deutliche Risse.
00:24:17: Dixon hatte angegeben, in der Tat nach mehreren Stunden mit seiner damaligen Freundin telefoniert zu haben.
00:24:23: Die Gegenprobe bei der mittlerweile getrennten Partnerin brachte allerdings zu Tage, dass die beiden nicht länger als ein paar Minuten in jener Nacht am Telefon gesprochen hatten.
00:24:35: In Summe reichten all diese Indizien nun endlich aus, um den Sicherheitsmann in Untersuchungshaft zu stecknen.
00:24:41: Doch während er in stundenlang verhörn gegenüber der Polizei niemals die Tat zugab, machte er im Gespräch mit seinem Zellenkumpan einen törichten Fehler.
00:24:51: Er berichtete ihm kaltblütig und brüstete sich regelrecht mit der Tat, wie er das Leben der jungen Studenten ausgelöscht hatte, um seinen fetisch ungestört befriedigen zu können.
00:25:02: Sein Zellennachbar plauderte diese Information allerdings aus und ließ ihn auflegen.
00:25:08: David Dixon wurde daraufhin zu einer lebenslangen Gefängnisstrafe verurteilt.
00:25:15: Mittlerweile ist er heute hochbetagte Täter, allerdings weder auf freiem Fuß.
00:25:20: Erst im Juli, hatte man seine Verurteilung wieder aufgehoben, weil es während des Prozesses einen Verfahrensfehler gegeben hatte.
00:25:30: Dixon wurde in einem sogenannten Alfred-Plee von seiner weiteren Haftstrafe entbunden, was ein Herrverschlag für Davies Angehörige sein muss.
00:25:39: Immerhin hat David Dixon dennoch ganze dreißig Jahre und damit die Hälfte seines Lebens hinter Gittern verbracht.
00:25:46: Ein kleiner Trost, auch wenn er den schmerzlichen Verlust und die Trauer um die eines so beliebte Studenten die viel zu früh aus dem Leben gerissen wurde, nie aufwiegen kann.
00:25:58: Rohe in Frieden, Debbie Wilson.
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